PECAN: Wie funktioniert DiGA in Frankreich

Frankreich hat mit der Einführung des PECAN-Verfahrens (Processus de Certification des Applications Numériques de Santé) einen bedeutenden Schritt unternommen, um die Qualität und Sicherheit von digitalen Gesundheitsanwendungen (DMD) zu gewährleisten. Angesichts der rasanten Verbreitung solcher Lösungen wurde die Notwendigkeit eines klaren regulatorischen Rahmens erkannt, um das Vertrauen von Patienten und Gesundheitsdienstleistern zu stärken. Damit tritt Frankreich in die Fußstapfen der DiGA in Deutschland. Aber wie funktioniert das Verfahren in Frankreich und ist Frankreich damit ein interessanter Markt für Deutsche DiGAs und internationale Anbieter von Gesundheitsanwendungen?

Rechtliche Grundlagen


Die rechtlichen Grundlagen für PECAN finden sich in einer Reihe von Gesetzen und Verordnungen wieder. Der Code de la Santé Publique (Gesundheitsgesetzbuch) regelt unter anderem die Durchführung klinischer Studien (Artikel L.1121-1 bis L.1126-12) und die Benutzerfreundlichkeit von Gesundheitstechnologien (Artikel L.1110-1). Die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und das französische Datenschutzgesetz (Loi Informatique et Libertés) legen strenge Regeln für den Schutz personenbezogener Daten fest. Die Verordnung über Medizinprodukte (MDR) enthält Bestimmungen zur Überwachung und Aktualisierung solcher Produkte, zu denen auch DMDs gezählt werden können.

Damit unterscheiden sich die rechtlichen Grundlagen in Frankreich kaum von denen in Deutschland.

Anforderungen an DGAs
Um die Zertifizierung nach PECAN zu erhalten, müssen digitale Gesundheitsanwendungen eine Reihe strenger Anforderungen erfüllen:

  1. Datenschutz und Datensicherheit: Der Schutz personenbezogener und sensibler Gesundheitsdaten hat höchste Priorität. Anwendungen müssen Verschlüsselungstechniken, Zugriffskontrollen und andere Sicherheitsmaßnahmen implementieren.
  2. Klinische Wirksamkeit: Die Anwendungen müssen in klinischen Studien ihre Wirksamkeit und positive Auswirkungen auf die Gesundheit der Patienten nachweisen. Hierfür gibt die Haute Autorité de Santé (HAS) spezifische Richtlinien heraus.
  3. Benutzerfreundlichkeit: Eine intuitive und einfache Bedienung ist unerlässlich, damit Patienten und Gesundheitspersonal die Anwendungen effektiv nutzen können. Usability-Tests sind obligatorisch.
  4. Interoperabilität: DMDs müssen nahtlos in bestehende Systeme des Gesundheitswesens integriert werden können. Die ASIP Santé legt die entsprechenden technischen Standards fest.
  5. Kontinuierliche Aktualisierung: Um auf dem neuesten Stand zu bleiben, müssen zertifizierte Anwendungen regelmäßig aktualisiert und gewartet werden.

Auch hier zeigt sich, dass die Anforderungen denen der DiGA stark ähneln. Das verwundert im Grunde auch nicht. Es geht um dieselbe Sache und für eine Erstattung müssen genau diese Punkte sicher gestellt werden. Es wird deutlich, dass der Aufwand für eine DiGA und eine DMD sich derart ähnlich ist, dass es kaum Mehraufwand sein dürfte beide Verfahren zu durchlaufen anstatt nur einem.

Ähnlichkeiten mit dem DiGA-Fast-Track

PECAN, ähnlich dem deutschen DiGA-Verfahren, bietet einen beschleunigten Zugang zur Erstattung digitaler Gesundheitsanwendungen. Der Hauptunterschied besteht darin, dass PECAN nicht nur für therapeutische Anwendungen, sondern auch für telemedizinische Anwendungen gilt. Beide Verfahren bieten einen schnellen Weg zur vorläufigen Erstattung, während weitere Evidenz gesammelt wird.

Die folgenden Punkte stehen hier im Fokus:

1. Innovationsnachweis

Die digitale Anwendung muss innovativ sein und entweder klinische Vorteile oder organisatorische Verbesserungen im Gesundheitswesen nachweisen.

2. CE-Zertifizierung

Die Anwendungen müssen CE-zertifiziert sein, um die Einhaltung europäischer Sicherheits- und Leistungsstandards zu gewährleisten.

3. Interoperabilität und Sicherheit

Die Anwendungen müssen mit den französischen Standards für Interoperabilität und Sicherheit im digitalen Gesundheitswesen kompatibel sein. Dies wird während des PECAN-Prozesses bewertet, wobei zu Beginn noch kein vollständiges Interoperabilitätszertifikat erforderlich ist.

4. Nachweis der Nicht-Erstattung

Die Anwendung darf noch nicht in Frankreich erstattet werden.

Zertifizierungsprozess

Das PECAN-Verfahren durchläuft mehrere Stufen der Prüfung:

  1. Vorprüfung: Die eingereichten Unterlagen werden auf Vollständigkeit überprüft, bevor der eigentliche Bewertungsprozess beginnt.
  2. Technische & klinische Bewertung: In dieser zentralen Phase werden die Anwendungen eingehenden Tests zur Datensicherheit, Benutzerfreundlichkeit und klinischen Wirksamkeit unterzogen.
  3. Audits & Inspektionen: Stichprobenartige Audits und Inspektionen vor Ort können durchgeführt werden, um die Einhaltung der Standards und Prozesse zu überprüfen.
  4. Zertifizierung & Überwachung: Nach erfolgreicher Prüfung erfolgt die Zertifizierung der Anwendung. Eine kontinuierliche Überwachung stellt sicher, dass die Vorgaben dauerhaft erfüllt werden.

Antragsdokumente

Für den PECAN-Antrag müssen drei Dossiers eingereicht werden:

  1. Nachweis der Interoperabilität und Sicherheit
  2. Medizinische und technische Spezifikationen
  3. Ökonomische Informationen

Zeitrahmen und Ablauf

PECAN bietet eine vorläufige Erstattung für 12 Monate, ohne Möglichkeit zur Verlängerung. Innerhalb dieser Zeit muss grundsätzlich ein vollständiger Antrag auf reguläre Erstattung gestellt werden. Für Digitale Therapeutika (DTx) gilt: spätestens sechs Monate nach Beginn der PECAN-Förderung und für Telemedizinische Lösungen: spätestens neun Monate nach Beginn der PECAN-Förderung.

Vergleich mit DiGA

Sowohl digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) als auch das PECAN-Verfahren bieten zunächst eine vorläufige Erstattung für einen Zeitraum von 12 Monaten. Dies ermöglicht es Herstellern, ihre innovativen Lösungen schnell auf den Markt zu bringen und Patienten frühzeitig davon profitieren zu lassen.

Der Prozess der Antragsbewertung verläuft in beiden Fällen innerhalb eines überschaubaren Zeitrahmens von maximal 90 Tagen. Somit erhalten Antragsteller zeitnah Rückmeldung über die Aufnahme ihrer Anwendung in die Erstattung.

Während der vorläufigen Erstattungsphase besteht für die Hersteller die Möglichkeit, weitere Evidenz zur medizinischen Wirksamkeit und zu organisatorischen Vorteilen ihrer Lösung zu sammeln. Sowohl DiGAs als auch das PECAN-Verfahren berücksichtigen sowohl die potenziellen medizinischen Verbesserungen als auch Aspekte wie Nutzerfreundlichkeit, Datenschutz und Interoperabilität bei der abschließenden Bewertung für eine dauerhafte Erstattungsfähigkeit.

Zusammenfassend bieten digitale Gesundheitsanwendungen und das PECAN-Verfahren vergleichbare Möglichkeiten für einen schnellen Marktzugang bei gleichzeitiger Evidenzsammlung und ganzheitlicher Überprüfung der Vor- und Nachteile innovativer digitaler Lösungen im Gesundheitsbereich.

Fazit

PECAN bietet einen ähnlichen, aber nicht identischen Ansatz wie das DiGA-Verfahren in Deutschland. Es erweitert die Möglichkeiten für digitale Gesundheitsanwendungen und telemedizinische Lösungen, schnell Zugang zum französischen Markt zu erhalten. Diese Parallele schafft neue Chancen für Entwickler, ihre Produkte in beiden Ländern anzubieten und von den jeweiligen Fast-Track-Prozessen zu profitieren.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert