EAA – das neue Bürokratiemonster

EAA – das neue Bürokratiemonster

 

Es gibt eine neue EU-Richtlinie!

Auf zu neuen Ufern!– oder doch nicht?

Wie lebt man in einer Welt, in der alle digitalen Produkte und Dienstleistungen barrierefrei sind?

Keine unlesbaren Websites mehr, keine Apps, die Menschen mit Behinderungen ausschließen, keine Formulare, die nur mit drei gesunden Fingern ausgefüllt werden können.

Klingt utopisch?

Nun ja, die EU hat beschlossen, dass genau das Realität werden soll – und zwar ab dem 28. Juni 2025. Doch was in der Theorie nach digitaler Gerechtigkeit klingt, könnte sich für Unternehmen als bürokratisches Minenfeld erweisen.

Willkommen in der Ära der European Accessibility Act (EAA)– einer Richtlinie, die so revolutionär wie verwirrend ist.

Packt euren Compliance-Koffer, es wird eine spannende Reise!

Der EAA: Wer muss, wer darf, wer leidet?

Seit 2019 steht fest:

Alle Unternehmen mit mehr als zehn Mitarbeitenden oder einem Umsatz über zwei Millionen Euro müssen digitale Produkte und Dienstleistungen barrierefrei gestalten.

Klingt erstmal fair – schließlich profitieren rund 135 Millionen Menschen in der EU von besseren digitalen Zugängen. Doch wer sich auf ein paar Screenreader und kontrastreiche Farbschemata verlässt, wird schnell merken, dass Barrierefreiheit weit mehr bedeutet. Von Websites, Apps und E-Books bis hin zu medizinischen Plattformen, Online-Apotheken und digitalen Gesundheitsdiensten – die EAA fordert eine Generalüberholung.

Doch halt!

Kleinunternehmen mit weniger als zehn Mitarbeitenden sind außen vor, oder?

Theoretisch ja.

Praktisch? Nun, wenn sie mit größeren Unternehmen kooperieren oder öffentliche Aufträge annehmen, wird es kompliziert. Willkommen im Graubereich der EU-Regulierung!

Die vergessene Vorgängerin: EU-Richtlinie 2016/2102

Bevor der EAA die Bühne betrat, gab es bereits eine andere richtungsweisende Regelung:

die EU-Richtlinie 2016/2102.

Sie verpflichtete öffentliche Stellen – von Ministerien über Universitätskliniken bis zu öffentlichen Krankenhäusern – zur Barrierefreiheit ihrer Websites und mobilen Anwendungen. Diese Regelung läuft unabhängig vom EAA weiter und betrifft vor allem staatlich finanzierte Angebote und Gesundheitsdienste.

Die Konsequenz?

Anbieter im öffentlichen Sektor müssen sich so oder so an Barrierefreiheitsstandards halten, unabhängig davon, ob sie unter die neue EAA Richtlinie fallen.

Wer also dachte, er könne sich noch ein paar Jahre Zeit lassen, sollte sich diesen Gedanken schleunigst aus dem Kopf schlagen.

KI als Barrierefreiheits-Wunderwaffe? Schön wär’s!

Einige clevere Unternehmen setzen auf künstliche Intelligenz (KI) als schnelle Lösung. Programme versprechen automatische Barrierefreiheit: Kontraste anpassen, Screenreader-Freundlichkeit verbessern, alternative Bedienoptionen schaffen.

Die Realität?

Automatisierte Lösungen kratzen nur an der Oberfläche. Tiefgreifende strukturelle Barrieren – komplexe Menüs, verwirrende Navigationspfade, kryptische Fachtexte – lassen sich nicht mit ein paar Codezeilen beseitigen.

Wer wirklich barrierefrei sein will, muss investieren – nicht nur in Technik, sondern auch in Menschlichkeit und gesunden Menschenverstand.

Medizinsektor: Wenn Barrierefreiheit zur Pflicht wird

Besonders brisant wird es für die Gesundheitsbranche.

Gesundheitsportale, Krankenhauswebsites, Telemedizin-Angebote, sogar Wearables mit digitalen Schnittstellen – alles muss barrierefrei werden.

Und als wäre das nicht genug, gibt es zusätzliche Anforderungen für den Datenschutz und die informierte Einwilligung.

  • Datenschutzerklärungen in einfacher Sprache? Check.
  • Untertitel für medizinische Webinare? Check.
  • Kompatibilität mit Screenreadern? Doppelcheck.

Hier stellt sich die entscheidende Frage: Wie viel Bürokratie erträgt ein Gesundheitssystem, das ohnehin schon am Limit ist?

Während große Anbieter sich spezialisierte Compliance-Teams leisten können, stehen kleinere Praxen vor der Wahl:

Entweder massiv investieren oder riskieren, gegen die Vorschriften zu verstoßen – mit allen rechtlichen Konsequenzen.

Umsetzung oder Untergang? Unternehmen zwischen Pflicht und Wahnsinn

Die Umsetzung der EAA ist ein Drahtseilakt. Die Umsetzung kann und darf kein Sprint sein, sondern ist nur mit einem Marathon zu bewältigen. Unternehmen müssen sofort handeln, um nicht 2025 mit Bußgeldern oder rechtlichen Auseinandersetzungen konfrontiert zu werden. Wer sich auf Ausreden wie „Das betrifft uns nicht“ oder „Wir hatten keine Zeit für die Umsetzung“ verlässt, könnte schneller in den Fokus der Aufsichtsbehörden geraten, als ihm lieb ist.

Und das Risiko ist real– Verstöße können nicht nur teuer werden, sondern auch das Firmenimage erheblich schädigen.

Wer will schon in Schlagzeilen wie

Barrierefreiheit ignoriert, Menschen ausgeschlossen

auftauchen?

Ein klarer Fahrplan zur Compliance – eine Checkliste hilft

1. Bin ich betroffen?

Wer digitale Produkte oder Dienstleistungen anbietet, sollte sich nicht zu sicher fühlen.

2. Technische Maßnahmen?

WCAG 2.1-Standards, barrierefreie Formulare, Kontrast-Optimierung – jetzt oder nie! Websites, Apps und mobile Anwendungen müssen nach den Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) 2.1 optimiert werden. Das bedeutet nicht nur alternative Texte für Bilder, sondern auch barrierefreie Formulare, intuitive Navigation und klare Strukturierung.

3. Mobile Anpassung?

Touch, Sprachsteuerung, alternative Eingabemethoden – auch für zittrige Hände muss es klappen.

4. Rechtliche Tücken?

Datenschutz, DSGVO, Gesundheitsdaten – nur wer alles im Griff hat, bleibt unbestraft. DSGVO, informierte Einwilligung, Datenschutz – wer glaubt, dass Barrierefreiheit allein reicht, sollte sich noch einmal mit der Datenschutz-Grundverordnung beschäftigen. Insbesondere medizinische Websites und Gesundheits-Apps müssen sicherstellen, dass ihre Datenschutzpraktiken wasserdicht sind.

5. Langfristige Strategie?

Einmal anpassen reicht nicht – Barrierefreiheit ist ein kontinuierlicher Prozess. Accessibility ist kein einmaliges Projekt!

Es reicht nicht, einmalig einen Screenreader einzubinden und die Kontraste zu verbessern – digitale Barrierefreiheit ist ein Prozess, der regelmäßig überprüft und weiterentwickelt werden muss.

Ein strategischer Fahrplan für die Barriefreiheit

Innerhalb der nächsten sechs Monate:

Es ist Zeit für eine digitale Inventur! Welche Systeme sind betroffen? Wie barrierefrei sind die aktuellen Angebote? Jetzt ist der Moment, um Barrierefreiheits-Tests durchzuführen, erste Schwachstellen aufzudecken und Maßnahmen zu skizzieren. Wer hier zögert, riskiert ein böses Erwachen – denn das ist die Basis für alles Weitere.

Innerhalb eines Jahres:

Die Hands-on-Phase beginnt! Nun geht es ans Eingemachte: Kontraste verbessern, Alternativtexte für Bilder ergänzen, Screenreader-Kompatibilität sicherstellen und vor allem eine Barrierefreiheitserklärung veröffentlichen.

Wer bis hierhin noch nicht tätig geworden ist, sollte sich auf einen steilen Endspurt einstellen.

Nach zwölf Monaten und fortlaufend:

Barrierefreiheit ist kein Einmalprojekt, sondern ein Langzeitinvestment. Regelmäßige Tests, Schulungen für Mitarbeitende und ständige Updates sorgen dafür, dass man nicht nur die Anforderungen von heute erfüllt, sondern auch auf die Entwicklungen von morgen vorbereitet ist. Denn seien wir ehrlich: Die Technik wird sich weiterentwickeln – und wir sollten mitziehen.

Wer darf die Füße hochlegen?

Ausnahmen, die (vorerst) Luft verschaffen

Nicht alle Unternehmen müssen sich die Hände an der Barrierefreiheitspflicht verbrennen. 

Die EAA sieht einige Ausnahmen vor:

Microunternehmen mit weniger als zehn Beschäftigten und einem Jahresumsatz unter zwei Millionen Euro sind grundsätzlich nicht betroffen – es sei denn, sie arbeiten mit größeren Unternehmen oder dem öffentlichen Sektor zusammen.

Archivierte Inhalte, die vor dem 28. Juni 2025 veröffentlicht wurden und nicht mehr aktiv genutzt werden, müssen nicht angepasst werden.

Live-Übertragungen, die nicht aufgezeichnet werden, fallen ebenfalls nicht unter die neuen Anforderungen.

Plattformen mit nutzergenerierten Inhalten, bei denen der Betreiber keinen direkten Einfluss auf die bereitgestellten Informationen hat, sind bedingt ausgenommen.

Fazit: Revolution oder Bürokratiemonster?

Die EAA ist zweifellos ein Meilenstein für digitale Inklusion.

Sie ist aber auch eine gewaltige Herausforderung für Unternehmen, die sich noch nie mit Barrierefreiheit beschäftigt haben. Während große Konzerne in ihre Compliance Abteilungen investieren, könnten kleinere Anbieter ins Straucheln geraten.

Fakt ist: Wer sich erst 2025 mit der Umsetzung beschäftigt, ist bereits zu spät dran.

Ob die Richtlinie eine echte Revolution oder ein bürokratisches Monster wird, hängt davon ab, wie ernst Unternehmen sie nehmen – und ob die EU ihre Anforderungen praxisnah gestaltet.

Bis dahin bleibt nur eine Frage: Wer schafft es zuerst – die Unternehmen oder die Bürokratie?

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