Schaut man sich die aktuellen Fallzahlen der Corona-Infektionen auf unterschiedlichen öffentlichen Datenerhebungsinstituten, namentlich des RKI, der WHO oder aber der Johns Hopkins Universität an, fällt einem die unterschiedlichen Fallzahlen der Statistiken auf. So veröffentlicht beispielsweise die amerikanische Johns Hopkins Universität deutlich höhere Infektionszahlen als das deutsche RKI. Doch woran liegt das?

Die Karte mit den Fallzahlen der Johns Hopkins Universität wird durch eine Kombination aus manueller und automatischer Aktualisierung den ganzen Tag über nahezu in Echtzeit verwaltet. Lediglich durch Wartungsarbeiten an der Website kann es zu kleineren Verzögerungen bei der Aktualisierung kommen. Dabei errechnet die Johns Hopkins Universität ihre Fallzahlen aus den jeweils aktuellen Daten der Weltgesundheitsbehörde, des US Centers for Disease Control and Prevention (CDC), der nationalen Gesundheitskommission der Volksrepublik China, lokalen Medienberichten und lokalen Gesundheitsämtern, sowie aus dem DXY, einer der weltweit größten Online-Community für Ärzte, Apotheken und des gesamten Gesundheitswesen.

Im Gegensatz zur JHU veröffentlicht das RKI die von den einzelnen Bundesländern übermittelten Daten. Dabei aktualisiert das RKI ihre Daten nur einmal täglich, meist in den Abendstunden. Seit dem 18.3.2020 wird für die Berichterstattung der jeweilige Datenstand von 0:00 des aktuellen Tages verwendet. Allein aus der geringeren Aktualisierung ergibt sich ein Datenverzug und somit eine geringere Fallzahl.

Der Datenverzug des RKI wird zudem deutlicher, wenn man sich den Meldeweg der Infektionen anguckt.

Die zuständigen Gesundheitsämter, in denen eine Infektion bestätigt wird, sammeln die Zahlen der Erkrankungs- und Todesfälle sowie Erregernachweise für einen Tag und übermitteln sie gebündelt an die zuständigen Landesbehörden, die sie wiederum an das RKI senden. Zuständige Gesundheitsbehörde zur Weiterleitung an die Landesbehörde ist dabei nicht die Gesundheitsbehörde, die den Fall registriert hat, sondern das Gesundheitsamt, in dessen Bezirk die betroffene Person ihren Hauptwohnsitz hat. Insoweit wird zunächst die bestätigte Infektion bei der Gesundheitsbehörde, bei der sie registriert wurde an die dem Hauptwohnsitz des Erkrankten zugeordnete Gesundheitsbehörde weitergeleitet. Hierdurch kann sich eine weitere Verzögerung ergeben.

Während für die Ärzte nach §9 III IfSG eine unverzügliche Meldepflicht ab Kenntniserlangung, spätestens aber innerhalb von 24 Stunden an die zuständigen Gesundheitsämter besteht, müssen die rund 400 Gesundheitsämter die Daten innerhalb eines Arbeitstages an die zuständigen Landesbehörden weiterleiten. Die Landesbehörden wiederum unterliegen in Bezug auf die Weiterleitung der aktuellen Fallzahlen an das RKI nach § 11 IfSG einer Meldefrist von einem weiteren Arbeitstag. Daraus ergibt sich, dass die Fallzahlen, wenn sie beim RKI angekommen sind, einen Verzug von bis zu zwei Tagen aufweisen können. Selbst in der aktuellen Corona-Krise wurde diese Zeit nicht durch die in §15 IfSG bestehende Möglichkeit zum Erlass von Rechtsverordnungen, wie der am 1.2.2020 erlassene Corona-Melde-Verordnung, verkürzt. Allerdings übermitteln die rund 400 Gesundheitsämter in der aktuellen Lage die Daten freiwillig mehrmals täglich an die Landesbehörden.

Hinzukommt, dass dem RKI die Fallzahlen nicht ausschließlich elektronisch übermittelt werden müssen, sodass sich hierdurch eine weitere zeitliche Verzögerung in Bezug auf die aktuellen Zahlen ergeben kann. Weiter wurden bis jetzt nur die von den Bundeländern bzw. die von den Kommunen öffentlich bestätigten Fälle, über die zuständigen Landesbehörden, an das RKI übermittelt. Erst mit der steigenden Zahl an Fällen ist zum 18.3.2020 eine Umschaltung von der manuellen Eingabe der Fallzahlen auf eine reine elektronische Erhebung erfolgt. In diesem Zuge werden nur noch die von den Gesundheitsämtern über die in den Bundesländern elektronisch übermittelten Fälle dargestellt.

Zusammenfassend erklärt sich die abweichenden Fallzahlen verschiedener Datenerhebungsquellen aus der unterschiedlichen Datenverarbeitung, namentlich der Häufigkeit der Aktualisierung sowie insbesondere der Verwendung verschiedener Quellen. Durch eine breitgefächerte Anzahl von Quellen und aktuelleren Daten ist die Fallzahl der Johns Hopkins Universität höher als die der auf der Website des RKI angegebenen Fallzahlen. Ebenso ergeben sich durch die Meldekette abweichende Zahlen auf den einzelnen Seiten der Gesundheitsämter sowie Landesbehörden.